Boden – Baum – Klima in Stadt und Land

Tagungsbericht der Fachtagung und Exkursion am 26. und 27. September 2024 in Tulln (AT)

Am 26. und 27. September 2024 fand in Tulln an der Donau die Jahrestagung des Europäischen Bodenbündnisses statt, bei der hochkarätige Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wissenschaft zusammenkamen, um über die drängenden Fragen des Boden- und Klimaschutzes zu diskutieren. Der Fokus lag dabei auf nachhaltigen Lösungen im Bereich der städtischen Raumplanung, den Umgang mit Naturkatastrophen und den Beitrag von Gemeinden zum Schutz der natürlichen Ressourcen.

Eröffnung und Impulsvorträge

Bürgermeister Peter Eisenschenk von Tulln eröffnete die Tagung mit einem Einblick in den Bürgerbeteiligungsprozess rund um den Umbau des Nibelungenplatzes zur Schwammstadt. Dieses innovative städtebauliche Projekt verbindet nachhaltige Maßnahmen zur Wasserspeicherung und Begrünung und reduziert den Autoverkehr. Mit dem Hinweis auf die aktuellen Hochwasser in der Region wies Bürgermeister Eisenschenk auf die zunehmenden Herausforderungen hin, die der Bodenschutz in Zeiten des Klimawandels mit sich bringt. Er betonte, dass Investitionen in Klima- und Bodenschutz die Lebensqualität in Städten spürbar verbessern und rief dazu auf, die Botschaft des aktiven Bodenschutzes in die breite Öffentlichkeit zu tragen.

Johannes Pressl, Präsident des Gemeindebundes, griff in seinem Impulsvortrag das Thema „Grüne Infrastruktur in den Gemeinden“ auf und sprach über die Chancen und Herausforderungen, denen Städte angesichts von Naturkatastrophen wie Hochwasser gegenüberstehen. Er stellte klar, dass die Lösung solcher Probleme eine enge Zusammenarbeit von Planern, Politik und Bürgern erfordere. Dabei müsse die Bevölkerung stärker über die Bedeutung von Naturschutzmaßnahmen aufgeklärt werden.

Ein weiteres Highlight war der Vortrag von Dr. Bernhard Scharf, der auf die Wichtigkeit von Grünflächen in urbanen Räumen hinwies. Er zeigte anhand historischer Beispiele wie den Hängenden Gärten von Babylon oder dem Central Park, wie städtische Begrünung zur Lebensqualität beitragen kann. Dr. Scharf betonte, dass Städte besonders von den Folgen des Klimawandels betroffen sein werden, und forderte ein Umdenken in der Stadtplanung. Pflanzen, so Scharf, seien eine natürliche „Maschine“, die Schatten spenden, die Luft reinigen und durch Evapotranspiration für Kühlung sorgen. Er sprach sich für eine gerechte Verteilung von Grünflächen in Städten aus, um sozial benachteiligte Viertel zu entlasten.

Auch Bundesrätin Sandra Böhmwalder, die als Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner ein Grußwort sprach, betonte das Thema der Tagung als aktuell und hochinteressant. Sie sprach sich für konstruktive Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel aus.

Dr. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des IIASA Laxenburg, gab einen eindrücklichen Überblick über den aktuellen Stand in Sachen Klimaveränderungen. Er plädierte für das konsequente Pflanzen von Bäumen und die Nutzung von Holz in der Bauindustrie, um Kohlenstoff langfristig zu speichern. Er wies darauf hin, dass der Erhalt von Wäldern allein nicht ausreiche, sondern diese aktiv als Kohlenstoffsenken genutzt werden müssen.

Kreative Impulse

Der ursprünglich geplante Impulsvortrag von Sonja Medwedski wurde krankheitsbedingt von Frank Rybaczek und Alexandra Ritter übernommen. Diese thematisierten die Bedeutung von Erdfarben in der Kunst, beginnend bei der Höhlenmalerei bis hin zur modernen Nutzung. Eine besondere Aktion war das gemeinsame Malen eines „Baumes des Jahres“, der von allen Teilnehmenden signiert wurde. Darüber hinaus wurden Kunstwerke von Kindern und Werke aus verschiedenen Donauländern ausgestellt, die mit Erdfarben gestaltet wurden und das Thema „We grow together“ illustrierten.

Podiumsdiskussion: Klimaschutz und Bodennutzung

Ein zentraler Punkt des Vormittags war die Podiumsdiskussion. Sie thematisierte die Klimakrise und wie Politik, Gesellschaft und Wirtschaft darauf reagieren sollten. Es wurde die Notwendigkeit des Walderhalts betont, aber auch die Tatsache, dass Aufforstung allein nicht ausreicht, um CO₂-Emissionen zu kompensieren. Professor Schellnhuber erklärte, dass eine aktive Kohlenstoffspeicherung in Wäldern und deren Nutzung als Kohlenstoffsenke notwendig sei. Aus dem Publikum wurde vor zu starkem Flächenverbrauch gewarnt, der den Wasserhaushalt und die Ernährungssicherheit gefährden könnte.

Diskussionsteilnehmer wie Gemeindebundpräsident Pressl und Bürgermeister Eisenschenk betonten die Wichtigkeit intelligenter Flächennutzung und die Notwendigkeit von Leuchtturmprojekten für Bewusstseinsbildung und Vorbildwirkung. Schellnhuber unterstrich, dass Nullemissionen essenziell sind und Klimaprojekte oft nur „Greenwashing“ seien, während nachhaltiges Bauen mit Holz ein europäisches Vorzeigebeispiel darstelle. Die Gesellschaft müsse emotional abgeholt werden, und eine überzeugende Erzählung für eine grüne Zukunft sei notwendig.

Zum Abschluss wurden konkrete Maßnahmen vorgeschlagen, etwa grüne Stadtplanung, Forschung zu Solarbegrünung und biobasierten Fassaden sowie die Förderung von innovativen Projekten. Schellnhuber verwies auf historische Erfolge und betonte, dass die Menschheit in der Lage sei, große Geschichten und technischen Fortschritt zu vereinen, wenn sie sich auf ihre besten Zeiten besinne.

Abschließende Workshops und Exkursion

Am Nachmittag fanden Workshops statt, die sich mit der Bedeutung von Stadtbäumen, Hecken und Agroforstsystemen für den Boden- und Klimaschutz beschäftigten. Am zweiten Tag führte eine Exkursion die Teilnehmenden zu verschiedenen Bodenschutzprojekten in und um Tulln. Besonders beeindruckend war die Besichtigung des neu gestalteten Nibelungenplatzes, der als Modellprojekt für eine nachhaltige Stadtentwicklung dient. Den Abschluss der Tagung bildete der Besuch des „Garten Tulln“, der ersten ökologischen Gartenschau Europas, die als Beispiel für naturnahes Gärtnern und ökologischen Landbau fungiert.

Fazit

Die ELSA Tagung 2024 bot zahlreiche wertvolle Impulse für eine nachhaltige Stadtplanung und den aktiven Schutz von Böden und Klima. Die vorgestellten Projekte und Diskussionen zeigten, dass der Weg zu einer klimaneutralen Zukunft nur durch die Zusammenarbeit von Politik, Wissenschaft und Gesellschaft möglich ist.

Bundesrätin Sandra Böhmwalder mit Erdfarbenbild ©Ernst Span
Überreichung eines Erdfarbenbildes an Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber ©Ernst Span
Erdfarbe aus Niederösterreich ©Ernst Span
©Ernst Span
Gemeindebundpräsident Johannes Pressl und Bürgermeister Peter Eisenschenk ©Ernst Span
Vortrag Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber ©Ernst Span
V.l.n.r. Alexandra Ritter, Dr. Bernhard Scharf, Bürgermeister Peter Eisenschenk, Bundesrätin Sandra Böhmwalder, Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber, Dipl.-Ing. Christian Steiner, Gemeindebundpräsident Johannes Pressl, Frank Rybaczek ©Ernst Span
Erdfarbenbild mit Unterschriften ©Ernst Span